Das verstärkte Absterben von Altbuchen wurde erstmals 2019 in Nordthüringen beobachtet. Inzwischen ist das Phänomen landesweit verbreitet
Erfurt (hs): Speziell die Trockenjahre 2019, 2020 und 2022 mit ihren langen nahezu niederschlagsfreien Vegetationsphasen haben den Altbuchen in Thüringen zugesetzt. Zuerst in Nordthüringen beobachtet, hat sich das Phänomen schnell in den unteren Lagen Mittel-, West- und Südthüringens ausgebreitet. Unabhängig davon, ob die Buchenwälder bewirtschaftet sind oder nicht, wie das Altbuchensterben im Nationalpark Hainich eindrucksvoll zeigt. Zudem ist das Phänomen zwischenzeitlich in ganz Deutschland zu beobachten. Die klimawandelbedingte Veränderung von Niederschlag, Wärme und Wasserverfügbarkeit im Waldboden sehen Waldforscher als die Ursache an.
Altbuchensterben: Komplexe Zusammenhänge
„Die Verdunstung als Bindeglied von Niederschlag und Wärme spielt bei der Beurteilung des Phänomens eine wichtige Rolle. Diese Verdunstung geschieht zum einen in der Baumkrone, zum anderen auf dem Boden. Schon eine geringe Erhöhung der Verdunstungsrate in der Vegetationsperiode etwa durch Steigerung der Durchschnittstemperaturen ist einem spürbaren Niederschlagsdefizit vergleichbar“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Diese Verdunstung muss folglich dem in den letzten Jahren festgestellten Niederschlagsdefizit noch hinzugerechnet werden. Berücksichtigt man weiterhin, dass die Buche eine trockenheitsempfindliche Baumart ist, wird klar, dass ihre Konkurrenzkraft gegenüber wärme- und trockenheitsangepassten Laubbaumarten wie etwa Eichen, Feldahornen, Feldulmen oder Sorbusarten wie Mehlbeere, Speierling oder Vogelbeere auf vielen Standorten abnimmt. Bisher konnte die Buche diese Baumarten bei guter Wasserversorgung durch Überkronung und Beschattung erfolgreich verdrängen. Denn die Buche hat eine entscheidende Eigenschaft: Sie ist stark schattentolerant. Ihre Verjüngung wächst auch bei einem vergleichsweise geringen Lichtangebot am Boden, während andere Baumarten ausgedunkelt werden. Dies ist nicht zuletzt auch die Erklärung für die vielen Buchenreinbestände, die bisher die Laubwälder Thüringens in den unteren und mittleren Lagen prägen.
Auch starke Buchendurchforstungen helfen nur begrenzt
Die Idee, durch starke Buchendurchforstungen die Bodenniederschläge in erkrankten Buchenwäldern zu erhöhen und parallel die Kronenverdunstung zu verringern, zeigt nur begrenzt Wirkung. Zum einen werden die wichtigen Niederschläge in den Trockenperioden klimawandelbedingt schlicht immer knapper, zum anderen steigt die Verdunstung durch die zunehmende Strahlungsenergie im Kronenbereich und am Waldboden stark an. Zusätzlich fördert eine starke Durchforstung eine größere Windbewegung im Bestand – was zu weiterer Austrocknung führt. Waldbaulich sind deshalb häufigere, aber vorsichtige Eingriffe sinnvoll. Dies erlaubt eine Fortführung der Pflegearbeiten und stabilisiert gleichzeitig den Bestand.
Mit dem fortschreitenden Klimawandel drohen sich die natürlichen Verbreitungsgebiete der Buche nicht nur in Thüringen, sondern europaweit zu verschieben. Die Buche, mit rund 20 % derzeit wichtigste Laubbaumart und außerdem zweithäufigste Baumart nach der Fichte im Freistaat, muss ähnlich wie diese, um ihre Dominanz bangen. Da mag es trösten, dass damit kein Waldverlust, sondern „nur“ eine Baumartenverschiebung zu Gunsten vor allem der Eiche verbunden ist. Damit diese Transformation ohne Einschränkung der bisherigen Nutz-, Schutz- und Erholungsleistungen des Waldes erfolgen kann, ist die nachhaltige und naturnahe Buchenbewirtschaftung so dringlich wie nie.